Meal Prep – Nährstoffarm oder Segen?

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Das Leben mit Kindern bringt meist einen vollgepackten Tagesplan mit sich. Mahlzeiten müssen deswegen nicht nur gesund und nahrhaft sein, sondern im besten Fall auch schnell und einfach. Einige Familien kochen deswegen gerne vor, um diese dann nur mehr aufzuwärmen. Das “Meal Prepping” ist natürlich sehr praktisch.

Ist es aus der ernährungswissenschaftlichen Sichtweise aber auch sinnvoll oder sollte man besser frisch kochen?
Natürlich ist dies sinnvoll! Mahlzeiten selbst zu kochen oder zuzubereiten ist immer dem hoch verarbeiteten Fertigessen vorzuziehen. Erstens sind keine chemischen Zusätze enthalten, zweitens weiß ich genau, was drin ist und drittens führe ich meinem Körper deutlich mehr Nährstoffe zu! Sogar wenn ich die Speisen vorkoche – beziehungsweise bereits längere Zeit vorgekocht und sofort tiefgekühlt habe – sind sie nährstoffreicher. Also bitte – so gut wie IMMER selbst zubereiten! Jede Mahlzeit muss auch nicht immer warm sein: Ein gemischter Salat mit grünem Blattgemüse, Tomate, Gurke, Paprika, mit Thunfisch, gebratenen Hühnerstreifen oder Schafkäse (Eiweiß-Komponente nicht vergessen!) und Vollkornbrot (Kohlenhydrat-Komponente!) ist ebenfalls eine ausgewogene und schnelle Mahlzeit.

Mein Tipp: Wenn der Hunger schon sehr groß ist, geben Sie Ihrem Kind einfach eine Karotte oder Gurke zum Knabbern, damit es vorerst „beschäftigt“ ist. Das Gleiche gilt auch für die Köchin oder den Koch!

Auch jede Art von Bratlingen wie Haferflocken- oder Gemüse-Bratlinge sind ideal vorzubereiten und frisch in der Pfanne anzubraten. Kombiniert mit einem Salat aus dem Glas und Reis eine ausgewogene und sättigende Mahlzeit!

Welche Lebensmittel kann man mit gutem Gewissen vorkochen und welche Lebensmittel sollte man besser frisch zubereiten?
Vorkochen lässt sich relativ viel, oft ist es aber auch schon eine große Hilfe, wenn man sich bereits am Vorabend die Zutaten und das dafür benötigte Kochgeschirr vorbereitet, also einfach nur griffbereit hinstellt.

Bei stärkehaltigen Lebensmitteln wie Kartoffeln, Reis und Nudeln ist es sogar von Vorteil, wenn man sie vorkocht! Durch das Abkühlen verändert die Stärke nämlich ihre chemische Struktur und wird für den Darm unverdaulich, das heißt zu Ballaststoffen umgebaut, welche einen positiven Einfluss auf unsere Darmflora haben. Da wir alle – egal ob Kinder oder Erwachsene – ohnehin viel zu wenig dieser Faserstoffe aufnehmen, ist dies nur positiv! Zudem hält diese Speise auch länger satt.

Die resistente Stärke, von der wir sprechen, bringt ja nicht nur mehr Ballaststoffe, sondern deshalb auch weniger Kalorien. Muss ich da gegebenenfalls die Kalorien erhöhen, wenn Kinder mitessen?

Nein. Es handelt sich hier ja nicht um extrem große Mengen an Kalorien. Ca. 10% der vorhandenen Stärke wird in resistente Stärke umgebaut. Eine erhöhte Ballaststoffzufuhr ist auch für Kinder gut. Wir alle essen ohnehin viel zu wenig Ballaststoffe und durch die vielen Antibiotika, die oft eingenommen werden müssen, leidet unsere Darmflora immer mehr darunter und die sogenannten „guten“ Darmbakterien verschwinden nach und nach.

Grundsätzlich sollten wir täglich 30 g Ballaststoffe zu uns nehmen. In der Praxis erreicht kaum jemand diese Empfehlung. Deswegen rate ich: täglich Vollkornprodukte, 1-2 Portionen Obst, 1 Handvoll Nüsse, Samen und Kerne und mind. 3 Portionen Gemüse und zusätzlich Probiotika wie Joghurt oder Kefir für Groß und Klein. Schließlich liegt die Gesundheit im Darm und das muss von klein auf beachtet werden!

Zurück zur Ursprungsfrage – was ich nicht empfehlen würde vorzukochen ist Fisch sowie Meeresfrüchte und Fleisch(-produkte). Brät man diese frisch ab, ist dies ohnehin schnell erledigt. Spinat koche ich auch immer frisch, ist schließlich auch rasch in der Zubereitung. Es gibt zwar den Mythos, dass man Spinat nicht aufwärmen soll, jedoch kann man ihn schon einmal erwärmen. Er muss in der Zwischenzeit nur sofort in den Kühlschrank.

Der Mythos bezog sich darauf, dass Spinat gesundheitsschädlich wird, oder so ähnlich?
Früher war es mit der Kühlung der Lebensmittel nicht so einfach wie heute, daher dieser Mythos.
Spinat nimmt nämlich Nitrat aus dem Boden auf und durch Bakterien wird dieses zu Nitrit umgebaut. Aus diesem entstehen sogenannte Nitrosamine, welche in größeren Mengen gesundheitsschädlich sein können. Durch die Kühlung wird dieser chemische Prozess verhindert.

Sehr spannend! Wenn man also auf solche Dinge achtet, kann man auch für eine komplette Woche vorkochen?
Wenn man es schlau macht, ja! Wichtig ist es, einen Wochenplan zu schreiben und auch nach diesem Einkaufen zu gehen. Planung ist hierbei das Wichtigste! Ideal ist es im Kühlschrank ein Gemüsefach zu haben, in dem das Gemüse wirklich länger frisch bleibt, das haben heutzutage aber so ziemlich alle Kühlschränke. Die Kochideen gestaltet man so, dass gegen Ende der Woche Speisen gemacht werden, die nicht leicht verderbliche Zutaten wie Fisch beinhalten. Bei mir wird man immer Blätter- oder Pizzateig im Tiefkühlschrank finden, diese lassen sich sehr schnell, individuell (falls es in der Familie unterschiedliche Vorlieben gibt) und gesund belegen!
Bitte auch immer im Hinterkopf haben, dass man aus der gleichen Zutat mehrere Gerichte zaubern kann. Zum Beispiel Nudeln: Einmal mit Gemüsesoße, am nächsten Tag mit Ei und Schinken/ Käse angebraten, mit einem Salat und am 3. Tag beispielsweise Nudelauflauf mit Tiefkühlgemüse. Also stets das Gericht so wählen, dass man – wie in diesem Fall – die Nudeln am 3. Tag dann schon mehr verarbeitet.
Aus Gemüse, das am 4. oder 5. Tag eventuell doch nicht mehr so frisch wirkt, einfach eine Gemüsecremesuppe zaubern. Bitte auch bedenken, dass man auch stets zu Tiefkühl-Mischgemüse greifen kann! Wir haben viele Möglichkeiten der Vorratshaltung, die auch für diese Zwecke genutzt werden sollten.
Auch selbstgemachte Palatschinken wird man immer in meinem Tiefkühler finden, da sie ebenfalls vielseitig einsetzbar sind. Entweder gefüllt mit Gemüse und Schinken, Spinat und Schafkäse oder süß mit Topfenfülle. Gemüsestrudel lässt sich ideal in größeren Mengen vorbereiten und portionsweise tiefkühlen. Entscheidender Faktor beim Geschmack ist die Aufwärm-Art: Im Ofen wird die Speise natürlich knuspriger als in der Mikrowelle. Oft schmecken die Speisen dann wieder wie frisch gemacht.

Gibt es grundlegende Unterschiede zwischen dem Tagesbedarf von Kindern und Erwachsenen?
Jede Altersgruppe – sowie auch ob Bub/ Mann oder Mädchen/ Frau – hat andere Bedürfnisse und somit einen unterschiedlichen Nährstoff- und Energiebedarf. Was man immer im Hinterkopf behalten muss ist, dass Kinder noch im Wachstum sind.
Für den Aufbau von Knochen und Zähnen beispielsweise brauchen unsere Sprösslinge deutlich mehr Kalzium. Der Energiebedarf beim Kind ist – bezogen auf das Körpergewicht – deutlich höher als jener bei Erwachsenen. Ein 8-jähriger Bub benötigt durchschnittlich sogar 2000 kcal/ Tag, was jenem einer erwachsenen Frau entspricht. Mädchen schließen ihre körperliche Entwicklung mit etwa 17 Jahren ab und Burschen erst mit 19 Jahren.
Das darf man wirklich nicht unterschätzen!

Wenn man einen Mittelwert angeben müsste, wie viele Kohlenhydrate, wie viel Eiweiß und Fett Kinder in etwa am Tag zu sich nehmen sollten, wie würde da so eine Empfehlung aussehen?
55% Kohlenhydrate, 15% Eiweiß und 30% Fett. Optimalerweise komplexe Kohlenhydrate wie Vollkorn wegen der höheren Nährstoffdichte und Ballaststoffe. Eiweiß aus tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln (Nüsse, Samen, Kerne, Hülsenfrüchte..) und hochqualitative Fette. Omega-3-Fette sind sehr bedeutsam!
→ Somit gilt für Kinder die gleiche Makronährstoffempfehlung wie für Erwachsene!

Das klingt nicht sonderlich kompliziert aber bei der Umsetzung kann man sich schon mal ein wenig unsicher sein. Können Sie einen Beispieltag aufzählen, wie oft und was ein Kind im Rahmen ausgewogener Mahlzeiten essen sollte?

Vereinfacht gesagt kann man sich das so vorstellen:
5 Portionen Kohlenhydrate (Nudeln, Reis, Kartoffel, Brot, Getreide)
3 Portionen Gemüse/ Salat und 1-2 Portionen Obst/ Tag (nicht mehr!)
Eiweiß: 3 Portionen Milchprodukte (EW):  2 mal weiß (Milch, Johurt) und 1 Mal gelb (Käse)
1-2 Portionen/ WOCHE Fleisch, Wurst
1-2 Portionen/ WOCHE Fisch
2 Eier/ WOCHE
6 Portionen Getränke/ Tag
+ täglich 25 g (5 TL) hochwertige Öle wie Walnuss- oder Leinöl

FRÜHSTÜCK Getreide (Haferflocken) + Milch, Nüsse, Samen/ Kerne, Obst (Beeren)
Vormittagsjause Brot (+ Schinken) + Käse, (Knabber-)Gemüse (Paprika, Gurke, Paradeiser)
MITTAGESSEN Kartoffeln + Fleisch/ Fisch + Gemüse, Salat
Nachmittagsjause Obst + Joghurt
ABENDESSEN Eierspeise mit Gemüse, Vollkornbrot

Normal gewichtige Kinder sollten 5 Mahlzeiten über den Tag verteilt essen. Besonders Kleinkinder brauchen alle 2 Std. eine Energiezufuhr. Ist das Kind übergewichtig, reichen oft 3 (- 4), je nach Körpergewicht. Dies sollte mit einer Ernährungsberaterin (Diätologen/in oder ErnährungswissenschaftlerIn) oder dem Arzt abgeklärt werden.

Mit einem Essensplan und vorkochen ist das bestimmt kein Problem. Wenn es jetzt aber wirklich schnell gehen muss, weil ein Termin ansteht oder man nach einem langen Tag einfach keine Lust mehr auf Kochen hat. Gibt es da einen Tipp wie man doch zu einer gesünderen Alternative greifen kann als zur Lieferpizza?
Ja, ganz klar. Auch wenn man gelegentlich einen Fertig-Pizzateig zur Hand nimmt und diesen mit frischen Zutaten belegt, ist es ein schnelles, gesundes Essen. Auch Hülsenfrüchte aus der Dose wie Bohnen oder Kichererbsen sind sehr wertvolle Nährstofflieferanten, mit diesen man auch eine wunderbare schnelle Bohnensuppe oder einen Bohnensalat zaubern kann. Übriges: Hülsenfrüchte sind super Eiweißlieferanten, nährstoffreich und sättigen perfekt! Leider wird oft auf sie vergessen.
Wenn es einmal ganz schnell gehen muss und man unterwegs ist: Beim Bäcker muss es ebenso nicht immer gleich die fettige Topfengolatsche sein, auch ein gefülltes Vollkornweckerl mit Gemüse ist eine gesunde Mahlzeit und als Dessert kann man sich natürlich auch etwas Süßes wie ein mürbes Kipferl gönnen. Wichtig ist, dass man seinen Hunger vorerst mit nährstoffreichen Nahrungsmitteln stillt und dann kommt der Genuss ;)!

Vegetarische und Vegane Ernährung verbreitet sich immer weiter. Würden Sie diese Ernährungsformen automatisch unpassend für Kinder finden oder kann es sogar gesünder sein?
Am besten man lebt – auch auf seine Ernährungsweise bezogen – keine Extreme, außer es liegen gesundheitliche Gründe vor.
Für Diabetiker ist zum Beispiel eine Eiweiß betonte Ernährung sinnvoll, aber sicher nicht für ein Schulkind, das die Kohlenhydrat-Energie zum Denken und Lernen benötigt. Wenn ein Ernährungstrend wie zum Beispiel „Low Carb“ gerade gehypt wird, ist es falsch, sich auch danach zu ernähren, nur weil es gerade im Internet oder in Magazinen top aktuell ist. Also bitte alles selbst hinterfragen und abwägen, ob es auch für einen selbst das Richtige ist!
Wenn man sich wirklich gut auskennt beziehungsweise bei einem Fachberater war (bitte keine Informationen aus dem Internet beziehungsweise von selbsternannten Social-Media-Experten!) und weiß, wie man beispielsweise seinen Eisenbedarf auch ohne tierische Produkte deckt, spricht natürlich nichts gegen eine vegetarische Ernährung. Bei (Klein-)Kindern ist eine vegane oder vegetarische Ernährungsweise jedoch oft eher kritisch. Vorausgesetzt das Kind möchte es selbst und es kann diese Entscheidung selbstständig treffen, dann unbedingt zu einer veganen/ vegetarischen Ernährungsberaterin gehen und sich kompetent beraten lassen, auch wenn es nur 1 Beratungsgespräch ist.
Ich selbst plädiere immer für eine kunterbunte und ausgewogene Ernährung und hier gehört auch Fleisch oder Fisch einfach 1-3 mal/ Woche dazu. Aber natürlich verurteile ich niemanden, der aus ethischen Gründen kein Fleisch oder allgemein keine tierischen Produkte isst, ganz im Gegenteil! Nur bei der (Klein-)Kinderernährung muss man die Vor- und Nachteile einer vegetarischen/ veganen Kost sehr gut abwägen, weil die Kinder im Wachstum einfach einen sehr, sehr hohen Nährstoffbedarf haben und dieser ist zweifelsfrei mit einer größeren Auswahl an Lebensmitteln einfacher zu decken.

Gibt es noch einen Tipp, den Sie rund um das Vorkochen und den Wochenplan gerne teilen möchten?
Denken Sie bei der Speisegestaltung nicht zu kompliziert, denn auch die klassische Eierspeise oder Ofengemüse mit Kräuterdip sind ohne viel Vorbereitung gesunde selbstgemachte Mahlzeiten. Wenn Sie keinen Wochenspeiseplan erstellen wollen: Schreiben Sie sich zumindest eine Liste mit raschen Mahlzeiten (und wenig Zutaten) auf, die Sie und Ihre Familie gerne essen. Diese Auflistung verwenden Sie dann als „Schummler“ oder schmökern Sie in Kochbüchern…

Achten Sie auch darauf, dass Sie bestimmte Lebensmittel wie Salate im Glas, Hülsenfrüchte aus der Dose oder (Thun-)Fischkonserven bzw. auch Reis und Nudeln immer zu Hause haben. Damit lässt sich immer etwas Gutes zaubern! Lassen Sie ihr Kind auch bei der Gestaltung des Wochenspeiseplans immer mitentscheiden beziehungsweise beim Einkaufen die Lebensmittel mit aussuchen! So bekommen Sie immer neue Ideen und Ihr Speiseplan wird automatisch bunter!

Wir bedanken uns für ein weiteres spannendes Interview mit Frau Mag.a Dr. Thuy!

Frau Mag. Dr. Thuy ist Autorin von zwei sehr interessanten Familienbackbüchern.
In ihrem Buch „Kunterbunt, süss und gesund“ gibt es neben 44 Rezepten für gesundheitsbewusste Genießer, hilfreiche Tipps zur Umstellung auf eine gesunde Familienkost und das ganz ohne ausgefallene Zutaten. Die kreativen Kreationen mit Gemüse, Samen/Kernen und Obst eignen sich perfekt für bewusste Naschkatzen und alle, die es noch werden wollen.
Neben Wissenswertem zum Thema Zucker findet man auch nährstoffreiche Rezepte zu beliebten „Kinderlebensmitteln“ wie Milchschnitte, Kipferl und Co.
In dem neuen Buch „Kunterbunte Bäckereien für die ganze Familie“ werden klassische Weihnachtsgebäcke neu interpretiert und bieten so zeitlose Keksrezepte für das ganze Jahr. Für neugierige Genießer gibt es unter den 56 Rezepten auch ausgefallene Keks-Kreationen sowie laktose- und glutenfreie Rezepte.

Alle Rezepte sind für Backanfänger geeignet.
Die Familienbackbücher kann man direkt per Mail an dr.thuy@essenkunterbuntgesund.at versandkostenfrei bestellen. Sie sind außerdem in allen Buchhandlungen erhältlich.

 

Kunterbunt, süss und gesund
ISBN 978-3-7528-5800-6
Kunterbunte Bäckereien für die ganze Familie
ISBN 978-3-7519-9871-0

 

Weitere Informationen zu den Kochbüchern unter
www.essenkunterbuntgesund.at/familien-backbuch/

 

Mag. Dr. Marianne Thuy
Keplergasse 3
2232 Deutsch-Wagram
Tel.: 0676/ 43 77 149
dr.thuy@essenkunterbuntgesund.at

 

 

Frau Mag. Dr. Thuy

Neben weiteren Informationen, Lebensmittel- sowie Ernährungstipps und interessanten Blogbeiträgen findet man auch leckere Rezeptideen auf der Homepage von Frau Mag. Dr. Thuy – essenkunterbuntgesund.at und dem Instagramprofil @essenkunterbuntgesund